THE LONGEST DAY 2017 goes India
and becomes THE LONGEST PERFORMANCE DAY Bangalore
report 1
HOW DIFFERENT CURATORIAL APPROACHES SHAPE THE EXPERIENCE AND PERCEPTION OF PERFORMANCE ART
by Irene Müller and Dorothea Rust
At the Bangalore event the authors were actively involved as co-curators but in Kochi they were just visitors with any influence in the curatorial decisions. Experiencing the two different roles within the same artistic field provoked a closer look on the way performative practices had been presented in these two curatorial formats. Thus, this article focuses on their common features and differences as well as their specific aspects depending on the site and context.
published on www.apresperf.ch
Liebe Andrea, liebe Lena
liebe Irene, liebe Dorothea
Auf Wunsch von Andrea und Lena schreibe ich meine Erinnerungen an meinen kurzen Besuch von „The Longest Performance Day“ in Bangalore. Es sind verschiedentlichste Eindrücke. Sie kreisen seit Tagen in meinem Kopf und driften eher wie einzelne Planetlein von einander weg als dass sie sich im Nachhinein verdichten und bündeln. Ich habe den Longest Day eine Stunde besucht, in Begleitung von Sandeep, einem Mitarbeiter der 1Shantiroad, wo wir - und wohl viele Pro Helvetia Residenten - untergebracht waren.
Als ich reinkomme ein dünner Mann mit einem Dhoti (auch Mundu genannt, der weisse Hüftumhang den „wir" vor allem von Gandhi kennen). Er hat ein weisses Kreiderechteck auf den Boden aufgetragen und geht dieses in Längslinien auf und ab, einen Sack tragend aus dem eckige Steinchen kullern, grau und ca. 3cm im Durchmesser. Auf und ab, auf und ab bis der Sack leer ist. Ruhig macht er es. Langsam. Mit unaufwendigen Bewegungen. So kann man gut dem Sound zuhören, den die Steine machen. Ums Rechteck rum hats auch die gleichen Steinchen aber ich weiss nicht wie die dorthin gekommen sind.
Ich suche Irene und Dorothea. Dorothea sitzt rechts nahe der Wand auf dem Boden in einer Gruppe Menschen, vor ihr ein Laptop. Irene steht im Raum, am nächsten von allen beim Performer. Sie schreibt in ein Buch. Die beträchtlich vielen weiteren Zuschauenden sitzen den Wänden entlang im gut erleuchteten Raum und verfolgen die Performance mehrheitlich ohne etwas aufzuschreiben. Irene und Dorothea konzentrieren sich dokumentierenderweise auf die Performance, was sie in eine besondere Beziehung zum Performer mit den Steinen setzt. Bei ihnen sitzt die Teilnahme an der Performance als Bewegung im Körper, macht sich das Interesse sichtbar durch ein Vorneigen oder Distanz nehmen, durch einen Positionswechsel oder einen Schritt auf den Performer zu. Ich geselle mich kurz zu ihnen, begrüsse, höre wo sie gerade stehen: Bereits 8 Stunden non-stop Rezeption.
Der Mann im Dhoti schiebt die Steine innerhalb des Rechtecks zusammen, von hinten nach vorne. Alle auf einen Haufen, am vorderen Rand. Einige Zeit bleibt er vor seinem Steinhaufen sitzen. Dann nimmt er Steine in den Mund. Isst er sie? Mittlerweile steht auch Dorothea bei mir und Irene. Man könne Steine essen. Aber der Performer spuckt sie wieder aus. Ich weiss nicht, ob ich mir das Geräusch von Zähnen auf Stein vorstelle oder ob ich es wirklich höre. ...
Ganzer Brief von Marcel Schwald auf Deutsch
Reportage 3